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Bericht 2

 

Report von meinem Leben in Paraguay

am Lehrerbildungsseminar Filadelfia

 

Bericht 1

Liebe Freunde,


Ich weiss, ihr wartet schon lange auf  meinen ersten Bericht, hier ist er.

Genau heute vor drei Wochen kamen wir in Paraquay an. Wir, das sind Susanne Rimat und ich. Susanne ist Programmlehrerin im Nachbarort Loma Plata und mittlerweile eine gute und wichtige Freundin.
Sommerliche Waerme schlug uns entgegen, als wir aus dem Flugzeug stiegen. Abgeholt wurden wir von Randolf, dem Bibliothekar und Computerfachmann des Seminars. Er brachte uns in Mennonitenheim, eine Pension, von Mennoniten betrieben.
Wir verbrachten die erste Nacht in Asuncion, um uns am naechsten Morgen in der deutschen Botschaft vorstellen zu koennen.
Der erste Abend in der Hauptstadt war aeusserst vergnueglich, wir speisten koestlich zusammen mit dem Fachberater fuer alle Deutschlehrer und einem anderen Auslandslehrer, den Susanne und ich vom Vorbereitungstreffen kannten.
Die Stadt Asuncion selbst ist eher haesslich, recht strukturlos , wenig schoene Haeuser, allerdings erstaunlich gruen.
Unglaublich sind die Strassen: wenn es regnet, und das tut es dort oft, laufen die Strassen in Windeseile  bis zu einem halben Meter hoch voll. Aber das scheint hier niemanden ernstlich zu stoeren.
Am naechsten Mittag starteten wir  dann unsere  470km-lange Fahrt in den Chaco. Die ersten  200 km stehen rechts und links der absolut flachen Landschaft noch viele Palmen und Indianerdoerfer. Dann wird die Vegetation niedriger und die Besiedlung sehr duenn.
Als wir schliesslich  Filadelfia erreichten, wurde ich erst mal von Herrn Harder, dem Seminarleiter herzlich begruesst. Er ist unglaublich liebenswuerdig und nett.
Er hatte geplant, dass ich die erste Nacht im Hotel verbringen sollte.
 Aber als ich mein Haus, das direkt hinter dem Seminar ist, zum ersten Mal sah, entschied ich: hier bleibe ich.
Ich hatte keine Lust mehr, mit meinem Gepaeck noch einmal umzuziehen.
Als ich die Entschluss traf, war es allerdings noch hell.
Nach einem beschaulichen Abendessen in dem Hotel, an lauem Sommerabend unter Palmen, kam dann allerdings der Moment, wo ich alleine in das mittlerweile natuerlich dunkle und leere Haus (Harders hatten lediglich ein Bett, einen Tisch und drei Stuehle hineingestellt) musste.
Erstens war mir ploetzlich schrecklich schlecht (von dem Fisch, den ich gegessen hatte oder von der Anstrengung?),  und  ausserdem sass ein dicker, fetter Frosch in meinem Bad.
Der Maerchenprinz waere in dieser Situation sehr willkommen gewesen, aber den Frosch an die Wand zu schmeissen, dazu fehlte mir dann doch die Courage.
Als ich mir gerade die Zaehne putzen wollte, ging mit einem Schlag das Licht im ganzen Haus aus und es war absolut tiefschwarze Nacht. Die Dunkelheit ist hier ein Phaenomen. Es ist viel dunkler als bei uns, weil die vielen Lichtquellen fehlen.
Eine Taschenlampe hatte ich auch noch nicht gerichtet.
Das faengt ja gut an, dachte ich. Gluecklicherweise war mir so schlecht und ich war so muede, dass ich entschied: jetzt schlaf erst mal, da brauchst du kein Licht).
Also tastete ich mich bis ans Bett und fiel tatsaechlich in tiefen Schlaf. Ich bin heute noch ueber meinen Todesmut erstaunt. Herr Harder war tief beeindruckt, dass ich die erste Nacht gleich ins Haus wollte und  erzaehlt die Geschichte immer wieder.
In den kommenden Tagen war dann viel zu organisieren und Kaufen, wobei es viele Liebe Leute gab, die mir dabei behilflich waren.
Mein Status als einzige Auslandsdienstlehrkraft ist hier sehr hoch und ich wurde in den ersten Tagen allen Honoratioren vorgestellt., z.B. dem Schulrat, dem Oberschulzen (Buergermeister), etc.
Mein Container ist immer noch nicht da, die Ankunft in Asuncion verzoergert sich weiter, wie zu befuerchten war. Neuste Nachricht ist, dass er am 09.03 in ASU sein soll, ich bin mittlerweile fas fatalistisch geworden: tranquilo ist hier das entscheidende Wort, das Lebenprinzip. Die Mennoniten sind zwar sehr tuechtig, aber sie haben gelernt, was man hier nicht aendern kann. (Die Mennos sind uebrigens ganz normale Menschen und Wein und Bier kann man hier kaufen, alles halb so schlimm).
Ein weiteres  grosses Problem ist der Autokauf. Der Wagen, den ich von einen Vorgaenger hier uebernehmen wollte ist a) zu teuer und b) habe ich festgestellt, dass ein Gelaendewagen hier schon besser ist. Wenn es regnet, matschen die Strassen total auf und es besteht die Gefahr, dass man im Sand und Lehm stecken bleibt. Autos insgesamt und Allrad im Besonderen sind aber richtig teuer hier, ich habe noch kein passendes gefunden.
Auch hier kann ich noch eine kleine Abenteuerstory zum besten geben:
Weil hier im den Kolonien keiner angeboten wurde, fuhr ich extra nach ASU, und fuhr einen Tag lang mit zwei von Herrn Harder als Vertrauenspersonen genannten Maennern (einen Autohaendler von Penner Automotores, die auch ein Geschaeft in Fildelfia haben und einem ehemaligen Klassenkameraden von Herrn Harder) in der Stadt herum, um einen kleinen Gelaendewagen zu suchen. Ich fuehlte mich durch die beiden wirklich gut beraten, sie nahmen sich auch den ganzen Tag Zeit.
Gegen Abend hatten wir dann einen Suzuki Vitara, (Baujahr 97, 110000km, 11700$)
Das ist fuer unsere deutschen Verhaeltnisse zwar immer noch viel, aber fuer hier guenstig.
Am Abend feierte ich den erfolgreichen Tag mit dem (seit 40 Jahren durch einen Unfall querschnittsgelaehmten, aber sehr lebensfrohen Freund von Herrn Harder. Ich lud ihn in ein richtig gutes Lokal ein und wir hatten einen netten Abend).
Ich war ganz gluecklich, der Papierkram ging auch relativ schnell ueber die Buehne: ich bekam noch einen (paraquyanischen und damit nur spanischsprechenden) Fahrer der Firma Penner mit und los gings in den Chaco.
Schon nach 20 km kochte der Motor, es fehlte Wasser in der Kuehlung, was wir an der naechsten Tabkstelle nachfuellten. Der Fahrer rief sofort bei unserem Mittelsmann von Penner-Automotores an, der beorderte den Scheck  zurueck und garantierte mir,dass ich das Auto zurueckgeben koenne, wenn ich wollte. Ich koennte  es jedoch auch weiter testen.
Das taten wir dann auch, alles schien bestens, bis auf die schweren Regen, die die Fahrt beschwerlich machten.
Aber bei km 200 wurde der Wagen wieder heiss, das Getriebe machte seltsame Geraeusche und Klimaanlage funktioniert nicht mehr.
Wir retteten uns gegen 19:00 in die naechste Raststaette. Es gibt auf der ganzen Strecke nur 2  und es war mehr als Glueck, dass der Schaden gerade dort passierte.
Die naechsten Stunden waren wie im Film. An dieser Tankstelle herrschte richtige
 High Noon-  Wildweststimmung: Hitze, laehmende Langeweile, nur selten faehrt ein Wagen an.
Als mein Fahrer den  rumstehenden Maennern das Problem erklaerte, steckten fuenf bis
seiben Menner ihre Koepfe unter die geoeffneten Kuehlerhaube und beratschlagten.
Kein Mensch sprach hier weit und breit auch nur ein Wort Deutsch. Endlich musste ich mal Spanisch  sprechen.
Unser Telefonat mit ASU erbrachte, dass der Wagen  am naechsten Tag abegschleppt werden und ich mit Bus  weiter nach Filadelfia fahren sollte. Der Nachtbus kam allerdings erst um 22:30 Uhr und erst um 4:00 Uhr in der Fruehe in Filadelfias an.
Um 8:00 war das erste Seminar mit den Junglehrern (=Referendaren).
Das alles war am letzten Freitag(Samstag).
Ich verbuche das ganze unter "Erlebniswert". Dass ich aber immer noch kein Auto habe, nervt sehr, denn ohne Fahrzeug ist man hier wie amputiert.
Es wird irgend wann schon eine Loesung geben. Tranquilo.
Nun zu den wirklich positiven Seiten:
Mein Haus ist wirklich richtig schoen, etwas abgelegen im Busch, nur 50 Meter vom Seminar entfernt, ist grosszuegig und gut gebaut. Da es Gitter vor den Fenstern hat, habe ich keine Angst.
Ich geniesse den kurzen Weg zum Arbeitsplatz.
Die Arbeit am Seminar ist sehr angenehm: es gibt nur 3 Klassen mit  42 Studenten, die ich alle unterrichte. Ausserdem bin ich Regionalleiterin und vollstaendig verantwortlich fuer die Betreuung von  16 Junglehrer ).  Mein Lehrauftrag umfasst   die ganze Palette dessen, was sie unterrichten (von Deutsch  ueber Mathe, Sachkunde, Musik, etc). Das ist eine echte Herausforderung.
Alle sind aber sehr nett, ich komme gut mit ihnen aus und hoffe, das bleibt auch so. Ab kommender Woche muss ich die Junglehrer im Unterricht besuchen (insgesamt dreimal) und dazu bis zu 100km weit fahren.
Die Arbeit hier ist so ruhig, die Gruppen klein und alle sind motiviert, es macht richtig Spass.
Die Menschen sind alle ungeheuer hilfsbereit und fuersorglich.
In Susanne habe ich eine gute Freundin, mit der ich die Wochenenden verbringen kann. Wir sind auch schon viel eingeladen worden. Es gibt in den 3 Kolonien 4 deutsche Programmlehrer und ich als ADLK: man kennt und trifft sich untereinander.
Die Hitze hier ist manchmal schon heftig (oft bis 35 Grad), aber in fast allen Gebaeuden gibt es Klimaanlage).
Insgesamt geht es mir also sehr gut. Wenn endlich die Infrastruktur stimmt, geht es noch noch besser. Das improvisierte Leben koennte jetzt bald ein Ende haben.
Was die Kollegen aus Brasilien und Chile schreiben, klingt aber schlimmer. Ich bin hier in einem deutschsprachigen Umfeld, was vieles erleichtert. Hier ist man z.B. Maklern, etc. nicht so hilflos ausgesetzt.
Ich freue mich sehr ueber Antwort aus der Heimat.
Da ich meine Computer noch nicht habe, fehlen mir viele Email-Adressen Bitte leitet diesen Brief an alle weiter, die gerne etwas von mir lesen wuerden.
Wenn ich erst mal eine Mail bekomme, kann ich auch wieder antworten.

Liebe Gruesse Heide W.

© 2002 Heide Walb last update 08.03.2002